doctog hat geschrieben:Nun, unsere Studenten haben schon ein Semester intensiven C-Trainings hinter sich, bevor wir in die Oberfläche einsteigen. Bislang hatten unsere Studenten auch weniger Probleme mit der Generierung der Bedienoberfläche. Im Gegenteil, das machen viele so gern, dass ich den Eindruck habe, manche kommen gefährlich nahe an ein Suchtproblem mit der Programmierung

(obwohl es doch andere Fächer als EDV gibt). Wir bremsen dann auch eine weitere Vertiefung aus.
Mit der GUI kommt bei vielen der Glaube auf, dass sie programmieren könnten...
Dieser Glaube bei C in Kombination mit MFC ist eine riskante Mischung. ^^
An ein "intensives C-Training" glaube ich ehrlich gesagt nicht - nichts für ungut, denn so etwas läuft in der Regel darauf hinaus, dass man für einen Vokabeltest übt. Das ist ein if und das ist ein for und so ruft man eine Funktion... Ich habe Tutorien in C/C++ gegeben und das waren eher Gruppentherapien, bei denen es darum ging, Halbwissen zu finden und die Vorstellungen der Studenten zu verstehen, um sie zu korrigieren. Vokabeln konnten die, nur sprechen ging nicht. C ist ja nur die Sprache - intensives Sprachtraining, aber wenn man sagen kann, was bringt es dann sprechen zu können?
Ohne die Unterrichtsmethode ungesehen angreifen zu wollen, aber ich befürchte, dass eine Universität/Hochschule nicht das Umfeld bietet, um Programmieren zu lernen. Das ist ein eher Selbsterfahrungskurs, bei dem der Dozent nicht dozieren sollte, sondern bestenfalls dafür sorgen sollte, dass der Student möglichst viele Erfahrungen macht. Und das ist genau das, was ich nie im akademischen Umfeld gesehen habe.
Den Nutzen stellen Sie ja selbst bereits in Frage:
doctog hat geschrieben:Damit kommen einige Studenten an ihre Grenze, insbesondere dann, wenn sie die Sprachelemente nicht wirklich beherrschen und sich gerades mal so durchgeschoben haben. Bis dato waren die Aufgaben weitgehend vorstrukturiert, weil der Fokus eben auf dem Training der Sprachelemente lag.
...und genau deswegen funktioniert eine Programmierausbildung im akademischen Raum meiner Meinung nach nicht. Uns wurde Programmieren genauso beigebracht und ich war dankbar, dass ich mit Beginn des Studiums 12 Jahre Programmiererfahrung mitbrachte.
Programmieren I: Das Wörterbuch, Programmieren II: Der Aufsatz, Programmieren III: Der Roman.
In meinen Tutorien hatte ich die angehenden Romanschreiber und mit denen bin ich zurück zu Programmieren 0: Das Wort. Warum programmiert man eigentlich ("Weil der Vorgesetzte das so will..."), was ist eine Variable, was sind Daten, wie sieht das aus, kann man das anfassen, wie entsteht daraus etwas, was man Programm nennt. Wo ist der Unterschied zwischen Wert, Variable und Ausdruck? Darauf reite ich im Tutorial ja auch etwas rum.
Die Studenten hatten vorher gehört, wie man programmiert, haben auch erfolgreich Programme geschrieben und doch nur wenig verstanden. Vokabeln zurecht geschoben, bis das erwartete Ergebnis kam. Da habe ich eine schöne Übung zu, die nur dazu dient, die Studenten davon zu überzeugen, dass ein richtiges Ergebnis kein richtiges Programm darstellt. Sprechen lernen, statt nur Vokabeln aneinander zu reihen.
Und damit brachte ich den Leuten bei, wie man nicht programmiert und dann sprach man darüber warum es so nicht geht. Gruppentherapie halt.
Ein Student formulierte am Ende, dass er in dem Semester mit mir mehr gelernt hat, als im restlichen Studium (also in den drei Semestern). Einerseits fand ich das als Lob für mich gut, andererseits war mein Tutorium die Reaktion darauf, dass kaum einer Programmieren konnte, bzw. keiner in der Lage war eine in dem Semester geforderte Aufgabe ohne kopieren abzugeben und ich fragte mich, warum die das nicht im Studium lernten, die hatten vorher ja auch Programmieren I und II.
Ein anderer meinte, dass jetzt verstanden hätte, was er vorher programmiert hat - was im Umkehrschluss bedeutet, dass die Zeit vorher Zeitverschwendung war.
Im Matschbau ist Dichten in der Programmierung sicher nicht das Ziel, aber C ist eine kleine Sprache, ohne viel Schnickschnack... da kann man in einem Semester einiges reißen...
Wenn Sie ihre Studenten mal anfixen wollen, nehmen Sie doch mal Glut statt MFC. Damit bekommen Sie keine Windows-Fenster im Retrolook hin, aber was meinen Sie, was ihre Studenten sagen, wenn sie das Kreuzprodukt zwei Vektoren berechnen und sich dann in 3D aufmalen lassen können?
Ansonsten: Einen Partner in der Informatik machen Sie nicht mit einer Windows-GUI glücklich. Wenn der sein Studium abgeschlossen hat, will der einen Konsolenbefehl, damit er die Ergebnisse in eine Datei umlenken kann und darin grepen, cutten, was auch immer machen kann. ^^
Merke: Wer Ordnung hellt ist nicht zwangsläufig eine Leuchte.
Ich beantworte keine generellen Programmierfragen per PN oder Mail. Dafür ist das Forum da.